Edelmetallpreise im Aufwind. Doch wohin geht die Reise? Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin und Palladium gelten als sichere Anlagen in Zeiten von politischen und wirtschaftlichen Krisen. Krieg ist eine der extremsten Formen von Krisen, die sowohl die Nachfrage als auch das Angebot von Edelmetallen beeinflussen können. In diesem Artikel werden wir untersuchen, wie sich verschiedene Kriege in der Vergangenheit und in der Gegenwart auf die Edelmetallpreise ausgewirkt haben.
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Der Erste Weltkrieg und der Goldstandard
Der Erste Weltkrieg (1914-1918) war ein globaler Konflikt, der die europäischen Großmächte und ihre Verbündeten in zwei gegnerische Lager teilte: die Entente (Frankreich, Großbritannien, Russland) und die Mittelmächte (Deutschland, Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich). Der Krieg forderte etwa 20 Millionen Todesopfer und verursachte enorme wirtschaftliche Schäden.
Zu Beginn des Krieges waren die meisten Länder an den Goldstandard gebunden, d.h. sie garantierten die Konvertibilität ihrer Währungen in eine feste Menge Gold. Dies bedeutete, dass die Geldmenge durch die Goldreserven begrenzt war und dass die Länder ihre Handelsbilanzen ausgleichen mussten. Um den Krieg zu finanzieren, mussten die Länder jedoch mehr Geld drucken oder sich verschulden, was den Goldstandard untergrub und zu Inflation und Wechselkursschwankungen führte. Schon damals waren die Auswirkungen des Kriegs auf die Edelmetallpreise drastisch.
Der Goldpreis blieb während des Krieges relativ stabil, da er durch den Goldstandard fixiert war. Allerdings stieg die Nachfrage nach Gold als Fluchtwährung an, vor allem in den neutralen Ländern wie der Schweiz und den USA. Die USA profitierten auch von ihrer Rolle als Kreditgeber für die Entente-Länder und erhöhten ihre Goldreserven erheblich. Nach dem Krieg kehrten einige Länder zum Goldstandard zurück, aber mit unterschiedlichen Wechselkursen und Paritäten als vor dem Krieg.
Der Zweite Weltkrieg und der Bretton-Woods-System
Der Zweite Weltkrieg (1939-1945) war ein noch verheerenderer globaler Konflikt, der die Achsenmächte (Deutschland, Italien, Japan) gegen die Alliierten (Großbritannien, Frankreich, USA, Sowjetunion) stellte. Der Krieg forderte etwa 60 Millionen Todesopfer und veränderte die geopolitische Ordnung.
In den 1930er Jahren hatten viele Länder den Goldstandard aufgegeben oder abgewertet, um sich von der Weltwirtschaftskrise zu erholen. Der Goldpreis wurde jedoch weiterhin durch das US-Dollar-Gold-System bestimmt, bei dem der US-Dollar an eine feste Menge Gold gebunden war ($35 pro Unze) und andere Währungen an den US-Dollar gekoppelt waren. Die USA waren wiederum der größte Gläubiger und Goldhalter der Welt.
Während des Krieges stieg die Nachfrage nach Gold als sicherer Hafen an, da viele Länder ihre Währungen kontrollierten oder abwerteten. Die USA exportierten auch große Mengen an Waffen und Gütern an ihre Verbündeten im Austausch gegen Gold oder Devisen. Dies erhöhte ihre Goldreserven noch weiter und machte sie zur dominierenden Wirtschaftsmacht nach dem Krieg.
Nach dem Krieg wurde das Bretton-Woods-System geschaffen, um eine stabile internationale Währungsordnung zu etablieren. Das System basierte auf dem US-Dollar-Gold-System, aber mit einigen Anpassungen, wie z.B. einem Internationalen Währungsfonds (IWF), der kurzfristige Zahlungsbilanzprobleme lösen sollte, und einer begrenzten Bandbreite für Wechselkursschwankungen (+/- 1%). Das System sollte das Vertrauen in den US-Dollar und den Goldpreis stärken. Es sollte die Edelmetallpreise stabilisieren.
Der Kalte Krieg und der Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems
Der Kalte Krieg (1947-1991) war ein ideologischer und politischer Konflikt zwischen den USA und ihren westlichen Verbündeten auf der einen Seite und der Sowjetunion und ihren kommunistischen Verbündeten auf der anderen Seite. Der Konflikt wurde hauptsächlich durch Stellvertreterkriege, Wirtschaftssanktionen, Spionage, Propaganda und Wettrüsten ausgetragen. Der Konflikt hatte auch Auswirkungen auf die Edelmetallmärkte, da beide Seiten versuchten, ihre strategischen Reserven zu erhöhen oder zu verkaufen.
In den 1950er und 1960er Jahren blieb der Goldpreis relativ stabil, da das Bretton-Woods-System funktionierte. Allerdings gab es einige Herausforderungen für das System, wie z.B. die Suezkrise (1956), die Kubakrise (1962), der Vietnamkrieg (1955-1975) und die Französische Goldkonvertibilität (1965-1968), die zu einem Abfluss von Gold und Devisen aus den USA führten. Die Sowjetunion nutzte auch ihre Goldproduktion und ihren Goldhandel als politisches Instrument, um ihre Verbündeten zu unterstützen oder ihre Gegner zu untergraben.
Heute gibt es nur noch wenige, Goldgedeckte Währungen. In den 1970er Jahren brach das Bretton-Woods-System zusammen, als die USA 1971 die Goldkonvertibilität des US-Dollars aufhoben und 1973 die Wechselkurse freigaben. Dies führte zu einer Periode hoher Inflation, Volatilität und Unsicherheit auf den Weltmärkten. Der Goldpreis stieg in dieser Dekade von etwa $35 pro Unze auf über $800 pro Unze an, was einen Anstieg von mehr als 2000% bedeutete. Der Silberpreis stieg ebenfalls stark an, vor allem durch die Spekulation der Hunt-Brüder, die versuchten, den Markt zu manipulieren.
Der Golfkrieg und der Irakkrieg
Der Golfkrieg (1990-1991) war ein regionaler Konflikt zwischen dem Irak unter Saddam Hussein und einer von den USA geführten Koalition aus 35 Ländern. Der Irak hatte Kuwait besetzt, um seine Ölreserven zu kontrollieren, was eine Bedrohung für die regionale Stabilität und die globale Energieversorgung darstellte. Der Krieg endete mit dem Sieg der Koalition und der Befreiung Kuwaits.
Der Irakkrieg (2003-2011) war ein weiterer Konflikt zwischen dem Irak unter Saddam Hussein und einer von den USA geführten Koalition aus 49 Ländern. Die USA behaupteten, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besaß oder entwickelte, die eine Bedrohung für die internationale Sicherheit darstellten. Der Krieg endete mit dem Sturz von Saddam Hussein und der Besetzung des Iraks durch die Koalition.
Beide Kriege hatten Auswirkungen auf die Edelmetallpreise, da sie die geopolitische Spannung erhöhten und die Ölpreise beeinflussten. Im Allgemeinen stiegen die Edelmetallpreise vor dem Beginn der Feindseligkeiten an, als die Anleger nach sicheren Häfen suchten, fielen aber nach dem Ende der Feindseligkeiten wieder ab, als sich die Situation beruhigte. Zum Beispiel stieg der Goldpreis vor dem Golfkrieg von etwa $360 pro Unze im Juli 1990 auf etwa $410 pro Unze im Januar 1991 an, fiel aber nach dem Kriegsende im Februar 1991 auf etwa $360 pro Unze zurück. Ähnlich stieg der Goldpreis vor dem Irakkrieg von etwa $320 pro Unze im Dezember 2002 auf etwa $390 pro Unze im März 2003 an, fiel aber nach dem Kriegsende im April 2003 auf etwa $340 pro Unze zurück.
Der aktuelle Krieg in Europa und seine Folgen
Der aktuelle Krieg in Europa ist ein eskalierender Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, der sich auch auf andere europäische Länder auswirkt. Russland hat im März 2023 begonnen, ukrainisches Territorium zu besetzen und zu annektieren, was eine Verletzung der Souveränität und der territorialen Integrität der Ukraine darstellt. Die EU und die NATO haben daraufhin Sanktionen gegen Russland verhängt und militärische Unterstützung für die Ukraine angeboten. Der Krieg hat zu einer humanitären Krise, einer Energiekrise und einer wirtschaftlichen Krise in Europa geführt.
Wie wirkt sich Krieg auf die Edelmetallpreise aus?
Der Krieg in Europa hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Edelmetallpreise, da er die geopolitische Unsicherheit erhöht und die Nachfrage- und Angebotsdynamik verändert. Im Folgenden werden einige Faktoren analysiert, die den Gold-, Silber-, Platin- und Palladiumpreis beeinflussen können.
Die Flucht in sichere Häfen
Edelmetalle gelten traditionell als sichere Häfen in Zeiten von Krieg, da sie einen Schutz vor Inflation, Währungsabwertung und Vermögensverlust bieten. Sie sind auch knappe und langlebige Vermögenswerte, die ihren Wert über die Zeit bewahren können. Daher steigt die Nachfrage nach Edelmetallen, wenn die Anleger nach Sicherheit suchen und das Vertrauen in andere Anlageklassen verlieren.
Dieser Effekt ist besonders stark bei Gold zu beobachten, das als das ultimative sichere Gut gilt. Der Goldpreis ist seit dem Beginn des Kriegs in Europa um mehr als 20% gestiegen und hat ein neues Allzeithoch von über 2.500 US-Dollar pro Unze erreicht1. Auch Silber hat von der Flucht in sichere Häfen profitiert, da es sowohl als Wertaufbewahrungsmittel als auch als Industriemetall fungiert. Der Silberpreis ist seit dem Beginn des Kriegs um mehr als 15% gestiegen und hat ein Siebenjahreshoch von über 35 US-Dollar pro Unze erreicht1.
Die Verknappung des Angebots
Der Krieg in Europa hat auch das Angebot von Edelmetallen reduziert oder gestört, da er die Produktion, den Transport und den Handel von Edelmetallen beeinträchtigt. Dies gilt insbesondere für Platin und Palladium, die hauptsächlich in Südafrika und Russland gefördert werden. Diese beiden Länder sind die größten Produzenten und Exporteure von Platingruppenmetallen (PGM) in der Welt2. Ein knappes Angebot spricht für steigende Edelmetallpreise.
Südafrika ist von dem Krieg in Europa indirekt betroffen, da es stark vom Handel mit Europa abhängig ist. Wenn also in Europa die Bomben explodieren, dann hat dies weitaus mehr Wirkung als zunächst angenommen wird. Der Krieg hat zu einem Rückgang der Nachfrage nach südafrikanischen Exporten geführt, was zu einem Verlust an Deviseneinnahmen und einem Anstieg des Haushaltsdefizits geführt hat3. Dies hat wiederum zu einer Abwertung des südafrikanischen Rand geführt, was die Kosten für die PGM-Produktion erhöht hat4. Zudem leidet Südafrika unter Stromausfällen, Arbeitsunruhen und sozialen Unruhen, die die PGM-Produktion weiter beeinträchtigen.
Russland ist von dem Krieg in Europa direkt betroffen, da es der Aggressor und das Ziel der Sanktionen ist. Der Krieg hat zu einem Rückgang der Öl- und Gasexporte geführt, was zu einem Verlust an Deviseneinnahmen und einem Anstieg des Haushaltsdefizits geführt hat6. Dies hat wiederum zu einer Abwertung des russischen Rubels geführt, was die Kosten für die PGM-Produktion erhöht hat. Zudem leidet Russland unter logistischen Schwierigkeiten, politischen Risiken und internationaler Isolation, die den PGM-Export erschweren.
Die Verknappung des Angebots von Platin und Palladium hat zu einem Anstieg ihrer Preise geführt, da sie die Nachfrage übersteigt. Der Platinpreis ist seit dem Beginn des Kriegs um mehr als 25% gestiegen und hat ein Sechsjahreshoch von über 1.500 US-Dollar pro Unze erreicht. Der Palladiumpreis ist seit dem Beginn des Kriegs um mehr als 30% gestiegen und hat ein neues Allzeithoch von über 3.000 US-Dollar pro Unze erreicht. Die Edelmetallpreise sind also auch hier deutlich gestiegen.
Die Veränderung der Nachfrage
Der Krieg in Europa hat auch die Nachfrage nach Edelmetallen verändert, da er die wirtschaftliche Aktivität und die Verbraucherpräferenzen beeinflusst. Dies gilt insbesondere für Platin und Palladium, die hauptsächlich in der Automobilindustrie verwendet werden. Diese Industrie ist von dem Krieg in Europa stark betroffen, da sie sowohl von der Nachfrage- als auch von der Angebotsseite beeinträchtigt wird.
Die Nachfrage nach Automobilen ist in Europa aufgrund des Kriegs gesunken, da die Verbraucher weniger Geld und weniger Vertrauen haben, um neue Fahrzeuge zu kaufen. Dies gilt insbesondere für Dieselfahrzeuge, die mehr Platin in ihren Katalysatoren benötigen als Benzinfahrzeuge. Die Nachfrage nach Dieselfahrzeugen ist in Europa bereits seit dem Dieselskandal im Jahr 2015 rückläufig, aber der Krieg hat diesen Trend noch verstärkt. Dies hat zu einem Rückgang der Nachfrage nach Platin geführt, der teilweise durch den Anstieg der Nachfrage nach Palladium ausgeglichen wurde, das mehr in Benzinfahrzeugen verwendet wird.
Die Nachfrage nach Automobilen ist in anderen Teilen der Welt aufgrund des Kriegs gestiegen, da die Verbraucher nach alternativen Energiequellen suchen, um sich von der Abhängigkeit von Öl und Gas zu lösen. Dies gilt insbesondere für Elektrofahrzeuge, die keine PGM in ihren Katalysatoren benötigen, aber andere Metalle wie Kupfer, Nickel und Kobalt. Die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen ist weltweit im Jahr 2023 um mehr als 50% gestiegen, was zu einem Anstieg der Nachfrage nach diesen Metallen geführt hat. Dies hat zu einem Rückgang der Nachfrage nach Platin und Palladium geführt, der teilweise durch den Anstieg der Nachfrage nach anderen Anwendungen wie Schmuck, Industrie und Investitionen ausgeglichen wurde.
Die Veränderung der Nachfrage nach Platin und Palladium hat zu einer Divergenz ihrer Preise geführt, da sie unterschiedlichen Marktkräften ausgesetzt sind. Während Platin unter einem Angebotsüberschuss und einer schwachen Nachfrage leidet, leidet Palladium unter einem Angebotsdefizit und einer starken Nachfrage. Dies hat dazu geführt, dass der Unterschied der Edelmetallpreise zwischen Platin und Palladium auf ein Rekordniveau von über 1.500 US-Dollar pro Unze angestiegen ist.
➔ https://edelmetall-experte.com/platin-preisentwicklung-20-jahre/
Fazit zu Krieg und Edelmetallpreise
Der Krieg in Europa ist ein schwerwiegender Konflikt, der nicht nur politische und humanitäre Folgen hat, sondern auch wirtschaftliche und finanzielle Folgen. Der Krieg hat die Edelmetallpreise beeinflusst, indem er die geopolitische Unsicherheit erhöht und die Nachfrage- und Angebotsdynamik verändert hat. Im Allgemeinen haben die Edelmetallpreise von dem Krieg profitiert, da sie als sichere Häfen angesehen werden und ihr Angebot reduziert oder gestört wurde. Allerdings haben sich die Edelmetallpreise unterschiedlich entwickelt, je nach ihren spezifischen Marktbedingungen. Während Gold und Silber relativ stabil gestiegen sind, haben Platin und Palladium starke Schwankungen erlebt.
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